13.05.2023 . Lesezeit: 5 min.

Überwinterung im ungeheizten Gewächshaus

Ich denke, viele gehen mit demselben Gedanken an ein privates Gewächshaus, wie ich vor mittlerweile 4 Jahren: Wenn ich ein Gewächshaus mit Heizmöglichkeit hab, kann ich meine nicht winterfesten Sachen im Gewächshaus überwintern und muss sie nicht mühsam in den ersten Stock im Haus schleppen.

Gesagt getan: Mein Gewächshaus ist ausgestattet mit 3-fach Stegplatten, ich habe zusätzlich Luftpolsterfolie, um das Gewächshaus im Winter „einzupacken“ und einen Heizlüfter. Im ersten Herbst habe ich auch tatsächlich die Pflanzen ins Gewächshaus, den Heizlüfter auf „Frostfrei“ (2-3°C) eingestellt und zusätzlich einen Stromzähler zwischen geschaltet. Die Ernüchterung kam schnell: Obwohl es noch nicht richtig kalt war, war der Stromverbrauch exorbitant und die Pflanzen sind ins Wohnhaus gewandert.

Aber da habe ich natürlich das nächste Problem (ohne, wäre der Artikel auch nie entstanden): Ich bin eine absolute Niete, wenn es darum geht, Pflanzen zu überwintern. In schöner Regelmäßigkeit geht die Zitronenverbene ein, die Paprika tun so, als würden sie im Frühling noch lebendig sein, aber ausgetrieben haben sie nie. Und eine solche Litanei könnte ich ewig weiter führen.

Fazit: Überwinterung im geheizten Gewächshaus nicht möglich, weil der Stromverbrauch nicht dafür steht, Überwinterung im Haus nicht möglich, weil die Bedingungen bei mir einfach nicht dafür passen.

Geschlagen gegeben habe ich mich aber nicht und habe in den letzten folgende Erfahrungen gemacht: Unbedarft wie ich bin (wer nachliest, verliert), habe ich Wasabi ins Gewächshaus gepflanzt. Und der ist eigentlich als nicht frosthart deklariert. Dem ging es prächtig dort drin! Jedes Jahr ist er schön wieder ausgetrieben, jedes Jahr ist er größer geworden.

Letztes Jahr dachte ich mir daher: Schauen wir mal, was das noch alles mitmacht, was eigentlich nicht frosthart ist.

Die Rahmenbedingungen: Alle Pflanzen wurden im Frühjahr gepflanzt und durften sich das gesamte Jahr im Boden verwurzeln. Im Herbst wurden manche Pflanzen in Schafwolle eingewickelt, andere nicht. Das Gewächshaus war ungeheizt, heißt, es hatte diesen Winter bis zu -10°C im Gewächshaus, ist tagsüber aber bei Sonne durchaus auf 20°C hochgekommen.

- Zitronenverbene: Ich hatte so meine Zweifel. Sie ist den Sommer über wunderbar gewachsen, ist also richtig im Boden verwurzelt – eine große Menge getrockneter Zitronenverbeneblätter gibt leckeren Tee. Aber als es kalt wurde, ließ sie sofort alles Laub fallen, noch vor dem ersten Frost. Ich habe sie im Herbst zurückgeschnitten und dann einfach stehen lassen. Ganz nach dem Motto: Wenn du überlebst, super, wenn nicht, kann ich dich im Frühjahr immer noch rausreißen.

Ergebnis: Im Frühjahr (Mitte März) war ich mir dann immer noch nicht sicher, ob sie überlebt hat und habe mal vorsichtig einen Ast abgeschnitten mit dem Ergebnis: Alles Grün innen, sollte also leben. Anfang/Mitte April war dann das erste Trieblein zu sehen – das natürlich mit dem nächsten Kältesturz wieder abgefroren ist ist (Mitte April hat es bei uns noch mal geschneit) und erst Anfang Mai war klar: Sie hat es überstanden, sie lebt und treibt kräftig aus.

Zitronenverbene Anfang Mai

Zitronenverbene Anfang Mai

Fazit: Zitronenverbene ist kältetolerant im geschützten Anbau.

- Lorbeer: Der Klassiker der Überwinterung. Überwinterung bei mir endete immer in wenigen, getrockneten Lorbeerblättenr und einem toten Pflänzchen. Ausgepflanzt, in Schafwollmatte eingepackt und im Winter stehen gelassen.

Ca. im März habe ich sie „ausgepackt“, damit sie Frühjahrssonne tanken konnte und Anfang Mai stand sie schon in vollem Saft und grandiosem Austrieb da.

Lorbeer Anfang Mai

Lorbeer Anfang Mai

Fazit: Auch Lorbeer ist im geschützten Anbau kältetolerant.

- Schnittlauch: Schnittlauch? Nicht frosthart? Nein, das ist er tatsächlich voll und ganz, meine Hoffnung war, dass ich im Winter ebenfalls Schnittlauch ernten kann. Das ist aber nichts geworden. Der Sommer war ihm zu heiß, im Herbst hat er wieder ausgetrieben und im Winter eingezogen.

Fazit: Im Freiland kultivieren, hat man mehr davon.

Rosmarin nach der Überwinterung (Kopf schräg legen bitte ;-))

Rosmarin nach der Überwinterung (Kopf schräg legen bitte ;-))

- Rosmarin: Alte Stöcke sind durchaus bedingt frosthart, bei mir mit Meterhohem Schnee aber nicht. Deswegen hab ich ihn ins Gewächshaus gesetzt, in Schafwollmatte eingepackt und gehofft. Auch hier: Kein Problem! Ein paar Äste haben etwas unter der Kälte gelitten, aber der Stock hat überlebt und treibt kräftig aus.

Fazit: gute Möglichkeit – er mag auch die sommerliche Hitze im Gewächshaus sehr gerne.

- Physalis: im Herbst zurückgeschnitten, nicht eingepackt und nicht überlebt – habe ich auch nicht damit gerechnet, wenn ich ehrlich bin, aber ich hab meinem Mann versprochen, ich probiere es ��

Meine Überlegung dazu: Alles, was ordentlich verholzt und eigentlich Baum oder (Halb-)Strauch ist (und keine Staude), überlebt und wächst gut im ungeheizten Gewächshaus. Was zwar eine Staude ist, aber irgendeine Art Speicherorgan bildet, überlebt ebenfalls.

Und als besonderes Schmankerl hat sich die letztes Jahr im Gewächshaus ausgesäte Kapuzinerkresse ausgesät und auch ein Samen hat überlebt und ist ausgetrieben – ohne besonderen Schutz oder Maßnahmen.

Kapuzinerkresse - Samen

Kapuzinerkresse - Samen "wild" im Gewächshaus überwintert

Der Versuch, eigentlich nicht frostharte Pflanzen im Gewächshaus anzusiedeln, lohnt sich also durchaus.

Übrigens: Wasabi überlebt auch problemlos im Topf im Gewächshaus, ohne in Mutterboden gepflanzt zu werden.

Für dieses Jahr sind folgende Neuerungen geplant:

- Verlegung einer Bodenheizung mit nur wenig Watt Leistung, um bei extremer Kälte etwas gegensteuern zu könenn.

- Zusammenpflanzen aller Überwinterungspflanzen – momentan sind sie im Gewächshaus verstreut.

- Neu dazu kommen dieses Jahr: Ingwer, Galgant und Zitronengras. Ich bin gespannt, was das nächste Jahr bringt.

- Eine Paprika im Bereich der Bodenheizung überwintern versuchen…

- Eventuell gönne ich mir ein Zitrusbäumchen. Das ist bislang auf Grund der mangelnden Überwinterungsmöglichkeit kein Thema gewesen - aber jetzt?

Nachteil von diesem Projekt: Die Pflanzfläche für „Sommerkulturen“ wird entsprechend kleiner…

Community-Autor:in

Beate W.

Nach einer Ausbildung als Gärtnerin (Fachbereich Zierpflanzenbau) hat es mich in ein Biologie-Studium (Schwerpunkt sekundäre Pflanzenwissenschaften) verschlagen, um jetzt in einem Pharmabetrieb in der QS zu arbeiten. Neben ca. 15m² Gemüsegarten habe ich auch noch ca. 6m² Gewächshausfläche

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